KI-generierte Fehlermeldungen: so gelingt’s [inkl. Leitfaden]

Alexander Bräuning erforschte in seiner Masterarbeit, wie wir mit KI gute Fehlermeldungen erstellen. Im Gespräch erzählt er, was funktioniert und wo die Grenzen liegen. Ausserdem hat er einen praxisnahen Leitfaden zusammengestellt, der uns bei der Arbeit mit KI im UX-Writing unterstützt.

Alexander Bräuning forschte zur Rolle von KI im UX-Writing and der Fachhochschule Graubünden, Schweiz (Foto: zur Verfügung gestellt)

Alexander, du hast dich in deiner Masterarbeit mit Künstlicher Intelligenz (KI) im UX-Writing beschäftigt. Um was ging es genau?

Aktuell lassen sich im UX zwei wichtige Entwicklungen beobachten: Erstens die Etablierung von KI-Tools bei der UX-Arbeit, insbesondere bei der Generierung und Verbesserung von Texten. Zweitens der Aufstieg von UX-Writing beziehungsweise die steigende Erkenntnis, dass Worte die User Experience enorm beeinflussen.

Mit meiner Masterarbeit wollte ich diese beiden Entwicklungen zusammenbringen und einen Beitrag leisten, dass KI im UX-Writing zielführend eingesetzt werden kann.

Konkret fragte ich mich: Wie können uns KI-Tools bei gutem UX-Writing unterstützen? Was machen gute Prompts im UX-Writing aus?

Dabei habe ich mich auf das Textelement Fehlermeldung konzentriert.

Wieso hast du dich genau mit Fehlermeldungen befasst?

Fehlermeldungen sind ein äusserst kritischer Moment der Nutzerinteraktion. Die Nutzenden sind in diesen Situationen oftmals frustriert oder verunsichert. Im schlimmsten Fall beenden Nutzende die Interaktion und landen beim Support oder bei der Konkurrenz.

Trotz ihrer bekannten Relevanz erhalten Fehlermeldungen in der Praxis häufig zu wenig Aufmerksamkeit und bieten daher erhebliches Optimierungspotenzial.

Ausserdem sind sie sehr interessant, da sie auf kleinem Raum viele UX-Writing Anforderungen vereinen (Verständlichkeit, Empathie, Lösungsorientierung). Daher lässt sich an Fehlermeldungen sehr anschaulich untersuchen, wie gut die KI wichtige Anforderungen des UX‐Writings umsetzen kann. 

 

Lerne UX-Writing — die Superkraft für eine Starke User Experience

UX-Writing Kurse entdecken

 

Wie hast du die Qualität des KI-Outputs bewertet? Was macht eine gute Fehlermeldung aus?

Aus der Literatur und im Gespräch mit Expert*innen habe ich ein Set an Heuristiken herausgearbeitet, die eine gute Fehlermeldung auszeichnen. Dazu zählen:

  1. Verständlichkeit: Die Fehlermeldung verwendet klare, einfache Sprache ohne Fachjargon.

  2. Empathisch: Die Sprache der Fehlermeldung ist freundlich, empathisch und situationsangemessen. Sie vermeidet Schuldzuweisungen und unterstützt konstruktiv beim Weiterkommen.

  3. Nachvollziehbar: Die Meldung beschreibt präzise, was passiert ist, und nennt nachvollziehbare Ursachen.

  4. Lösungsorientiert: Die Meldung unterstützt Nutzer:innen dabei, den Fehler zu beheben oder den nächsten sinnvollen Schritt zu gehen, ohne Umwege, Informationssuchen oder kognitive Belastung.

  5. Zielgruppengerecht: Die Meldung ist auf die Vorkenntnisse, Erwartungen und Sprache der Zielgruppe abgestimmt.

  6. Markengetreu: Die Meldung entspricht dem etablierten Sprachstil und der Tonalität der Marke.

  7. Übersichtlich: Die Meldung ist übersichtlich, gut gegliedert und auf den ersten Blick erfassbar.

  8. Wahrnehmbar: Die Fehlermeldung ist visuell klar erkennbar, barrierefrei dargestellt und in unmittelbarem Bezug zur Nutzeraktion platziert.

Bei der Untersuchung habe ich dann alle KI-generierten Fehlermeldungen entlang dieser Heuristiken bewertet. Eine Ausnahme stellt Heuristik 8 dar, die berücksichtige ich aufgrund der starken gestalterischen Komponente nicht.

Wichtig: Wie gut die Qualität der Fehlermeldungen wirklich ist, entscheiden schlussendlich die Nutzenden. Heuristiken bieten hilfreiche Leitplanken bei der UX-Arbeit und haben mir bei der Forschung gute Dienste geleistet. Nutzertests ersetzen sie aber nicht.

Und wie promotet man nun gute Fehlermeldungen?

Grundsätzlich hat meine Forschung zu Fehlermeldungen das bestätigt, was wir aus dem Prompt-Design im Allgemeinen wissen: Detaillierte und strukturierte Prompts mit viel Kontext steigern die Qualität des KI-Outputs.

Gleichzeitig verbessert sich die Qualität von KI‐generierten Fehlermeldungen mit zunehmender Prompt-Komplexität nur bis zu einem gewissen Punkt. Ab einer bestimmten Schwelle führt zusätzliche Komplexität zu keiner weiteren Steigerung der bewerteten Qualität.

Kannst du hier etwas ins Detail gehen?

Damit eine KI eine nützliche Fehlermeldung verfassen kann, muss sie verstehen, für wen, in welchem Zusammenhang und mit welcher Absicht sie schreibt. Mit deinem Prompt bewirkst du genau das. Je gezielter und klarer dein Input ist, desto besser kann die KI eine passende Meldung formulieren.

Einen grossen Unterschied machen dabei ein präziser Fehlerbeschrieb, dass du der KI eine einzunehmende Rolle vorgibst sowie die Zielgruppe und deren Erwartungen und Bedürfnisse klar beschreibst.

Mehr Details entnehmen die Lesenden am besten dem Leitfaden unten.

Können wir also mit gutem Gefühl der KI die Zügel in die Hand geben und uns zurücklehnen?

Definitiv nicht. Die Steuerung und Kontrolle durch menschliche Fachpersonen bleibt unabdingbar.

Erstens muss uns bewusst sein, dass gute Fehlermeldung-Prompts einiges an Vorarbeit und ein gutes Verständnis von UX-Writing benötigen: Bevor wir gute Informationen zu Kontext, Zielgruppe etc. geben können, müssen wir diese Informationen erarbeiten und verstehen, inwiefern sie meine Texte und meine Wortwahl beeinflussen. Das strukturierte Erfassen dieser Informationen gehören genauso zu UX-Writing wie das schreiben selbst.

Auch agiert nicht jede KI gleich – ich habe deutliche Unterschiede zwischen Claude und ChatGPT festgestellt. Es braucht ein grosses Bewusstsein dafür, welche KI ich nutze und was das für den Output bedeutet.

Auch ist es schwierig, in einem Prompt die volle Komplexität realer UX‐Writing-Prozesse abzubilden. Relevante Aspekte wie die Barrierefreiheit und Inklusion, Content-Governance-Richtlinien konnte ich in meinem Modell höchstens abstrahiert berücksichtigen.

 

UX-Writing Masterclass

Auf was kommt es bei gutem UX-Writing an? Wie gut bist du bereits? Und wo kannst du dazulernen? In der Masterclass von The Gondola erfährst du alles, was du wissen musst — KI inklusive!

UX-Writing Masterclass entdecken

 

Was gibt es sonst noch zu beachten?

KI-Modelle entwickeln sich rasant weiter und unterliegen regelmässigen Updates – was heute gilt, ist morgen bereits wieder ungültig. Wir müssen also ein ständig wachsames Experten-Auge auf den Output werfen.

Es bleibt unabdingbar, dass eine qualifizierte menschliche Fachperson die KI füttert und den Output und den Prozess überwacht.

Was für ein Fazit ziehst du aus deiner Arbeit zum Thema KI und UX-Writing?

KI ist ein wunderbares Hilfsmittel, um im Ping-Pong mit dem Menschen schnell konsistente, benutzerfreundliche Ergebnisse zu erzielen.

Es klappt aber nicht einfach so: Voraussetzung ist bei den Anwendenden ein fundiertes Verständnis von UX-Writing und KI — nur so können wir die KI richtig steuern und die Qualität des Outputs überwachen.

Danke, Alexander 🙂

 

Leitfaden: So erstellst du gute Fehlermeldungen mit KI

Von Alexander Bräuning


Damit eine KI eine nützliche Fehlermeldung verfassen kann, muss sie verstehen, für wen, in welchem Zusammenhang und mit welcher Absicht sie schreibt. Mit deinem Prompt bewirkst du genau das.

Je gezielter und klarer dein Input ist, desto besser kann die KI eine passende Meldung formulieren.

Aspekte eines guten Fehlermeldung‑Prompts

Hier erfährst du, welche Angaben in deinem Prompt einen grossen Unterschied machen und wie du sie formulierst.

1. Fehlerbeschrieb integrieren

Für eine Fehlermeldung essenziell ist der Fehler an sich. Beschreibe ihn so präzise wie möglich. Damit verhinderst du Missverständnisse – sowohl auf Seiten der KI als auch bei den Nutzer:innen.

Durch genaue Angaben vermag es die KI, lösungsorientiert zu schreiben und nicht auf generische Texte wie «Es ist etwas schiefgelaufen» zurückzugreifen.

Beispiel-Prompt:

«Erstelle eine Fehlermeldung für einen E-Commerce-Shop, wenn ein Artikel nicht zum Warenkorb hinzugefügt werden kann. Der Artikel kann nicht hinzugefügt werden, weil er aktuell nicht verfügbar ist.»

2. Rolle spezifizieren

Wenn du der KI eine Rolle vorgibst, kann sie den Inhalt entsprechend anpassen und eine geeignete Ansprache wählen.

Beispielsweise führt die Anweisung, als UX-Writer:in zu schreiben, zu einem empathischeren Ton und einer strukturierteren Meldung. Oft reicht ein kurzer Hinweis am Anfang.

Beispiel-Prompt:

«Du bist UX-Writer. Erstelle eine Fehlermeldung für einen E-Commerce-Shop, wenn ein Artikel nicht zum Warenkorb hinzugefügt werden kann. Der Artikel kann nicht hinzugefügt werden, weil er aktuell nicht verfügbar ist.»

3. Zielgruppe präzise beschreiben

Die KI kann nur spezifische Bedürfnisse berücksichtigen, wenn diese explizit erwähnt werden.

Eine präzise Zielgruppenbeschreibung verhindert, dass die Meldung zu allgemein oder zu komplex ausfällt. Besonders wichtig ist das, wenn eine unpassende Ansprache negative Folgen hätte – etwa bei Kindern oder sehr technikaffinen Nutzer:innen. 

Allgemeine Angaben wie «Privatpersonen» oder «Anfänger:innen» sind oft zu ungenau und führen wieder zu generischen Texten. Lege den Fokus lieber auf Vorkenntnisse und Erwartungen.

Beispiel-Prompt:

«Du bist UX-Writer. Erstelle eine Fehlermeldung für einen E-Commerce-Shop, wenn ein Artikel nicht zum Warenkorb hinzugefügt werden kann. Der Artikel kann nicht hinzugefügt werden, weil er aktuell nicht verfügbar ist. Die Zielgruppe sind alltägliche Online-Shopper:innen mit unterschiedlichen technischen Vorkenntnissen. Die Meldung soll ohne Fachbegriffe auskommen und eine alternative Handlung anbieten.»

Praxistipps

  1. Teste unterschiedliche Tools: Unterschiedliche KI-Tools haben unterschiedliche Stärken. Claude denkt kontextuell weiter, neigt aber zu langen Texten oder halluzinierten Funktionen. ChatGPT formuliert klarer, strukturierter und verständlicher, neigt aber zu weniger eigenständigem Denken.

  2. Nutze Heuristiken als Bewertungs-Werkzeug: Heuristiken helfen, die Qualität KI-generierter Fehlermeldungen zu bewerten. Sie zeigen Schwachstellen auf und liefern eine Einschätzung der potenziellen Nutzerfreundlichkeit – ersetzen aber keine echten Tests.

  3. Plane eine manuelle Prüfung ein: Auch die besten Prompts garantieren keine hohe Qualität. Empathie, Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit erfordern fachliches Urteilsvermögen und Nachbearbeitung durch Expert*innen.

  4. Vertraue dem ersten Output nicht blind: Eine Meldung kann auf den ersten Blick gut wirken, aber wichtige Kriterien verfehlen. Prüfe daher Lesbarkeit, Lösungsorientierung und weitere Kriterien kritisch – ggf. mit Heuristiken, Richtlinien oder Nutzertests.

  5. Überlade den Prompt nicht: Mehr Infos bedeuten nicht automatisch bessere Ergebnisse. Zu viele Einzeldetails ohne klare Struktur können die Qualität verschlechtern. Weniger, aber strukturierte Anweisungen sind oft besser.

  6. Lass dir Varianten anbieten: KI liefert bei gleichem Prompt oft unterschiedliche Outputs. Bitte daher gleich um mehrere Varianten. So steigt die Chance, dass eine passende Version dabei ist – oder sich Elemente kombinieren lassen. (Claude neigt z. B. stark dazu, mehrere Optionen von sich aus anzubieten.)

Zurück
Zurück

Fehlende Konsistenz, KI-Wildwuchs? Zeit für UX-Writing-Ops!

Weiter
Weiter

Bessere User Experience dank Klartext: Einfache Sprache im UX-Writing